Kitekontrolle im Buggy für Fortgeschrittene
Power is nothing without control.
Auch
der beste Kite ist nur so gut wie der Pilot, der ihn
lenkt. Diverse Sicherheitssysteme haben sich als wirkungslos
erwiesen, wenn es zur Sache geht. Da hilft es nur noch,
den Kite zu beherrschen. Gemeinsam mit den Buggyfahrern
von Alienbuggy.com habe ich deshalb einige Übungen
zusammengestellt, mit denen man sich auf den Ernstfall
vorbereiten kann.
Unterpowert fliegen und starten des Kites
Die folgenden Übungen sollten zunächst stark
unterpowert durchgeführt werden, um sich nicht
unnötigem Risiko auszusetzen. Auch sollten diese
Übungen zunächst zu Fuß durchgeführt
werden, bevor man sich in den Buggy setzt. Dafür
ist es erforderlich, dass man den Kite auch bei wenig
Wind sicher starten kann. Wildes Reißen an den
Leinen, wie man oft beobachten kann, bringt nichts.
Der Kite sollte in der Mitte des Windfensters stehen
und leicht mit den Steuerleinen angezupft werden, bis
sich die Kammern mit Luft füllen. Ein paar gleichmäßige
Schritte rückwärts, und der Kite hebt ab.
Besonders Intermediats und Hochleister wollen bei wenig
Wind nicht gerade nach oben starten, deshalb einfach
etwas seitlich einlenken, dass der Schirm Fahrt aufnehmen
kann und mit einer leichten Kurve den Kite in den Zenit
lenken.
Loops
zum Windfensterrand nach unten
Da im unterpowerten Zustand nur wenig Wind am Windfensterrand
anliegt, beobachtet man häufig, wie Kites dort
abstürzen. Dies kann vermieden werden, wenn man
den Schirm am Windfensterrand nicht nach oben sondern
nach unten fliegt und ihn dort durchloopt. Man lässt
sozusagen den Kite kontrolliert abstürzen und nimmt
die Schwerkraft zum Beschleunigen mit. Danach kommt
der Kite mit höherer Geschwindigkeit in die Powerzone
– Mitte – des Windfensters und kann dort
zügig nach oben geflogen werden. In beide Richtungen
seitlich geflogen ergibt sich so eine liegende Acht,
die an den Seiten immer nach unten geflogen wird. Besonders
bei wenig Wind ist diese Form sehr hilfreich, den Buggy
noch zu bewegen.
Druckloser
Loop
Der Loop, voll ausgeflogen, ist das kraftvollste Manöver
mit einem Zugdrachen und kann, wenn er unbeabsichtigt
geflogen wird, den Piloten plötzlich aus dem Buggy
reißen. Deshalb sollte man die Kraft des Loops
nicht nur kennen sondern auch regulieren können.
Normal angepowert kann man einen nahezu drucklosen Loop
fliegen, in dem man ihn sehr eng fliegt und den Kite
einseitig stark anbremst, so dass er sich fast auf der
Stelle dreht. Diese Übung hilft auch, wenn man
gut angepowert die Leinen entdrehen möchte.
Nähe zum Kite
Wie sicher jeder schon automatisch gemerkt hat, verändert
sich das Flugverhalten des Kites, wenn man sich auf
ihn zu oder von ihm weg bewegt. Auf den Kite zugehen
heißt, den Kite mit dem Wind abfallen lassen und
damit die Geschwindigkeit und den daraus entstehenden
Druck zu verringern. Vom Kite weggehen erhöht die
Geschwindigkeit und den Druck. Dies sollte man im Stand
üben und auf die Fahrlinie zum Wind im Buggy übertragen,
damit man die Kitegeschwindigkeit während der Fahrt
beeinflussen kann.
Klapper
fangen
Jeder Kite klappt mal ein. Böen, Lenkfehler oder
Ausweichmanöver verursachen das immer wieder. Dabei
liegt die Hauptgefahr darin, dass der Kite beim Ausklappen
schlagartig wieder Fahrt aufnimmt und den Piloten mit
Leistungsspitzen überfordern kann. Um einen Klapper
zu trainieren, muß man ihn erst einmal bewusst
erzeugen können. Im Stand einfach eine sehr enge
Kurve von oben nach unten drehen, bei der eine Seite
stark angebremst ist führt bei den meisten Schirmen
zu einseitigem Einklappen. Diese Situation kann einfach
entschärft werden, in dem man bei eingeklapptem
Kite sofort die Bremsen zieht, damit der Kite beim Öffnen
bereits angebremst ist. Dann den Handle der nicht eingeklappten
Seite gefühlvoll anziehen, damit sich die geklappte
Seite wieder öffnet.
Punktlandung
Die Punktlandung ist ein Manöver, bei dem man sich
eine beliebigen Punkt im Windfenster aussucht und dort
versucht den Kite zu landen. Diese Kitebeherrschung
sollte jeder Pilot mit jedem seiner Kites bei jedem
Wind beherrschen, bei dem er den Kite noch fliegt.
Mit dem Rücken zum Kite fliegen
Wird man einmal vom Kite aus dem Fahrzeug gehoben, ist
mit der teils unsanften Landung auf dem Boden meist
die Gefährdung nicht vorbei. Oft beobachtet man
Piloten, die rückwärts aufkommen, diese Situation
nicht kennen und spiegelverkehrt lenken, so dass der
Kite nicht beruhigt wird, sondern erst recht loslegt.
Dies ist eine der gefährlichsten Situationen, weil
hier ernsthafte Rückenverletzungen drohen. Deshalb
sollte man sich darauf vorbereiten, in dem man mit einem
kleinen Kite bei wenig Wind sich auf den Rücken
legt und so verschiedene Manöver fliegt. Dies ist
anfangs gar nicht einfach, weil alle Lenkbewegungen
seitenverkehrt gemacht werden müssen. Besonders
im Winter bei Schnee oder in weichem Sand kann man diese
Übung gefahrenlos machen.
Wenn man das gut beherrscht, kann man versuchen, im
Buggy rückwärts zu fahren, um die verdrehten
Lenkzustände zu vertiefen.
Notbremsung mit "Jesus"-Zug
Die
schlimmsten Unfälle geschehen, wenn der Wind schlagartig
auffrischt und man nicht mehr weiß, wie man den
Kite über sich unter Kontrolle bekommen soll. Bei
jedem Vierleiner-Zugdrachen der an Handles gelenkt wird,
gibt es hierzu einen sehr wirkungsvollen Griff, der
sowohl im Stand als auch bei voller Fahrt angewendet
werden kann. Leider geht das nur, wenn der Verbindungstampen
der Lenkgriffe in einer Umlenkung (Rolle oder Snappy)
geführt werden. Im Notfall werden die Arme weit
ausgebreitet, so dass die Handles einem durch die Hände
gleiten und man schließlich nur noch die Bremstampen
zwischen den Fingern hält. Mit beiden Händen
werden nun die Bremsen weit nach hinten gezogen, der
Kite legt sich flach in den Wind, hängt förmlich
an den Bremsen und bietet keine Angriffsfläche
mehr. Langsam sinkt der Kite zu Boden. Dabei können
sich sowohl Leinen als auch die Waage verheddern. Bei
voller Fahrt im Buggy besteht auch die Möglichkeit,
die Leinen zu überfahren und dadurch einen Satz
Leinen zu zerstören. Im Vergleich zu einer geplatzten
Matte oder einem Unfall ist dieser Schaden jedoch gering.
Formation
fliegen
Wenn es zum Buggyfahren zu wenig Wind hat, sollte man
auf diese Übung zurückgreifen. Einfach mit
einigen anderen Piloten zusammenstehen und versuchen,
die Kites in Formation am Himmel zu halten. Die Präzision
der Kitebeherrschung macht sich im Buggy bezahlt. Empfehlenswert
ist es, Schirme mit gleicher Größe zu verwenden,
da diese in ähnlicher Geschwindigkeit fliegen.
Überpowert fahren
Das Fahren im oberen Leistungsbereich eines Zugdrachens
ist Unfallursache Nummer 1 im Buggysport. Man fährt
dabei mit einem Kite, der vergleichsweise groß
für die vorherrschende Windsituation ist. Deshalb
sollte man sich sehr vorsichtig an das Thema herantasten.
Zunächst sollte man alle obigen Übungen bereits
beherrschen und wissen, wie man seinen Kite unter Kontrolle
bekommt, wenn man an seine Grenzen stößt.
Auch sollte man die ersten Versuche bei gleichmäßigem
Wind ohne Böen machen, also am besten bei auflandigem
Wind an der Küste. Bei gleichmäßigem
Wind kann man den Kite im Zenit direkt über sich
stellen und mit leichten Ausschlägen in Fahrtrichtung
den Buggy beschleunigen. Je weiter der Kite nach unten
kommt, um so schneller wird man. Jedes Lenkmanöver
hat beim überpowerten Fahren sehr langsam zu erfolgen,
da kräftige Lenkbewegungen extreme Beschleunigungen
und Unfälle zur Folge haben können. Zu Beginn
sollte man nur kleine Bewegungen aus dem Zenit heraus
machen und langsam fahren. Mit steigender Gewöhnung
kann man sich auch an höhere Geschwindigkeiten
herantasten.
Achtung: Wenn es zu schnell wird, bitte ganz langsam
den Kite in den Zenit lenken. Wird das zu schnell gemacht,
reißt es den Piloten weit nach oben aus dem Buggy.
Je stärker man angepowert ist, um so langsamer
sollten die Lenkbewegungen erfolgen. Sollte der Wind
auffrischen oder Böig werden, sofort den Kite landen
und einpacken. Auch ein Spaziergang mit dem Buggy im
Schlepptau über mehrere Kilometer ist nicht so
unangenehm wie ein Beckenbruch.
Hat
man sich erst mal an die Kräfte beim überpowerten
Fahren gewöhnt, ist die sicherste Position des
Kites in Bodennähe am Windfensterrand, weil man
dort nicht nach oben gezogen werden kann. Mit dem Kite
in Bodennähe kommt man am sichersten auf einem
Kreuzkurs vorwärts, weil man auf diesem Kurs sehr
dosiert die Geschwindigkeit vermindern kann, in dem
man weiter zum Wind fährt. Der Halbwindkurs wird
zumeist von alleine durch Querdriften zu einem Raumwindkurs,
und der ist überpowert äußerst schnell.
Auch hier gilt: sollte es einem zu schnell werden, langsam
und ohne schnelle Manöver in den Wind fahren und
damit Geschwindigkeit abbauen.
Alle diese Übungen sind die Grundlage für
eine sichere Beherrschung eines Gespannes aus Buggy
und Kite. Die Kitekontrolle ist durch kein technisches
Hilfsmittel zu ersetzen. Und Kitekontrolle
bekommt man nur durch ständiges Training.
Dieses Dokument gibts auch als PDF zum downloaden: kitekontrolle.pdf
© Jörg Abendroth www.DerPhotograph.de
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